Discussion:
Kunstharz oder nicht?
(zu alt für eine Antwort)
Alexander Goetzenstein
2005-11-26 10:45:13 UTC
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Hallo,
bislang kenne ich Kunstharz nur von Klebstoffen und Lacken. In beiden
Fällen braucht das Kunstharz eine zweite Komponente, den Härter, zum
Aushärten. Nun ist mir ein Erzeugnis über den Weg gelaufen, das als
zweite Komponente zum Aushärten angeblich den Sauerstoff aus Luft und
Wasser nutzen soll. Allerdings machen mich zwei Dinge stutzig: zum einen
riecht das sehr dünnflüssige (Dichte unter 0,8, soll Wasser verdrängen)
Zeug eher nach Terpentin oder so, jedenfalls nicht wie die mir bekannten
Klebstoffe und Lacke, zum anderen erzeugt in mir ein Experiment damit
wachsende Skepsis. Ich hatte ein Stück Küchenpapier damit getränkt, um
die Aushärtezeit und Wasserfestigkeit zu prüfen. Zum einen ist das
Papier nach mittlerweile drei Wochen noch immer nicht mal richtig
Wachs-ähnlich steif (geschweige denn hart), und auch Wasser tropft
hindurch. Zum anderen War die Schale undicht, oder ich habe gekleckert;
jedenfalls waren angetrocknete Reste davon auf der Glasplatte, auf der
die Schale stand. Diese Reste ließen sich mit Seife ganz leicht entfernen.

Meine Frage ist daher: kann es dennoch sein, dass es sich um Kunstharz
handelt? Oder handelt es sich möglicherweise um irgendwelche Öle oder
gelöste Wachse, die gutgläubigen Kunden als dauerhaft beständiges
Kunstharz teuer aufgeschwatzt werden sollen?
--
Gruss
Alex
Reinhard Greulich
2005-11-26 11:01:43 UTC
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Post by Alexander Goetzenstein
Meine Frage ist daher: kann es dennoch sein, dass es sich um Kunstharz
handelt?
Was steht denn auf der Flasche? Du hast leider vergessen, die
Bezeichnung des Mittels hier mitzuteilen. Damit sollte es möglich
sein, ein Datenblatt vom Hersteller zu bekommen.

Gruß - Reinhard.

-- ~=@=~ 70086 (52°22,726'N - 009°48,775'E)
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Alexander Goetzenstein
2005-11-26 18:11:24 UTC
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Post by Reinhard Greulich
Was steht denn auf der Flasche? Du hast leider vergessen, die
Bezeichnung des Mittels hier mitzuteilen. Damit sollte es möglich
sein, ein Datenblatt vom Hersteller zu bekommen.
Das ist es ja gerade, dem ich misstraue.
Das Mittel heißt Crisin 76 von Köster Bauchemie.
--
Gruss
Alex
Matthias Kohrs
2005-11-26 19:18:14 UTC
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Post by Alexander Goetzenstein
Post by Reinhard Greulich
Was steht denn auf der Flasche? Du hast leider vergessen, die
Bezeichnung des Mittels hier mitzuteilen. Damit sollte es möglich
sein, ein Datenblatt vom Hersteller zu bekommen.
Das ist es ja gerade, dem ich misstraue.
Das Mittel heißt Crisin 76 von Köster Bauchemie.
So, hab gerade mal nachgeschaut. Das Zeug soll verhindern
daß Wasser im Mauerwerk aufsteigt. Dafür muß es nur so fest
werden daß es sich nicht selbst verflüchtigt, es würde
eigentlich reichen daß wenn es leicht geliert. Eingebracht
wird es durch Bohrungen im Mauerwerk, das dauert ne Weile;
muß also entsprechend lange flüssig bleiben.

Eine 10cm dicke Mauer wird mit einem Liter pro Meter
Mauerbreite getränkt. Das heißt es wird ein recht breiter
Streifen der Mauer mit dem Mittel behandelt (irgendwo muß
die Suppe ja hin). Auch im ungünstigen Fall wird der
Streifen mehrere cm breit sein, nicht zu vergleichen mit
deinem Zewatuch. Interessanter wäre es eine komplette Rolle
im Mittelteil zu tränken und aufrecht in eine Wasserschale
zu stellen. Wird sie am oberen Ende feucht?

Ich kenne das Produkt nicht und habe keine Ahnung ob es
etwas taugt, aber deine Tests beweisen jedenfalls nicht das
Gegenteil.

Ein Produkt das die Wände Luft-, Wasser und Dampfdicht macht
wie Gießharz würde mich jedenfalls eher mißtrauisch machen.

CYA! Matthias
Alexander Goetzenstein
2005-11-26 21:46:32 UTC
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Post by Matthias Kohrs
So, hab gerade mal nachgeschaut. Das Zeug soll verhindern
daß Wasser im Mauerwerk aufsteigt. Dafür muß es nur so fest
werden daß es sich nicht selbst verflüchtigt, es würde
eigentlich reichen daß wenn es leicht geliert.
Nicht ganz: es darf auch von diversen Salzen nicht angegriffen und auch
nicht mit der Zeit ausgeschwemmt werden.
Post by Matthias Kohrs
Eingebracht
wird es durch Bohrungen im Mauerwerk, das dauert ne Weile;
muß also entsprechend lange flüssig bleiben.
Lt. Anbieter soll es innerhalb von zwei Tagen hart werden und nur leicht
elastisch leben.
Post by Matthias Kohrs
Auch im ungünstigen Fall wird der
Streifen mehrere cm breit sein, nicht zu vergleichen mit
deinem Zewatuch.
Die Sache mit dem Küchentuch stammt vom Anbieter. Dieser hat zu
Demonstrationszwecken ein solches Tuch, das mit dem Mittel getränkt sei,
vorgelegt, um daran die Wirkung zu zeigen. Das Stück war auch recht
hart, in etwa fast so, wie ein Stück sehr dünner GFK. Und es war auch
Wasserundurchlässig: es wurde u.a. leicht durchhängend über ein Glas
gelegt und einige Tropfen Wasser darüber gegeben. Ich habe also nur das
demonstrierte mit dem Mittel selbst nachstellen wollen, doch das
Ergebnis unterscheidet sich deutlich von dem vorgelegten.

Auch behauptete der Anbieter, das Mittel sei völlig ungiftig und
unbedenklich, falls es in Grund- oder Oberflächenwasser gelange. Meine
Frau bekommt jedoch nach nur kurzer Berührung Schwindel- und
Schwächeanfälle (nein, so alt ist sie noch nicht... ;-) ) und
Hautreizungen. Heute hat sie entdeckt: die Lieferkartons zieren
Warnschilder "Xn" (gesundheitsschädlich) und brennbar oder
leichtentzündlich (3). Ist das üblich für Kunstharz?
Post by Matthias Kohrs
Interessanter wäre es eine komplette Rolle
im Mittelteil zu tränken und aufrecht in eine Wasserschale
zu stellen. Wird sie am oberen Ende feucht?
Zumindest dieses Stück Papier wird auch noch feucht. Es dauert zwar sehr
lange, aber dass es sämtliches Wasser verdrängen und danach aushärten
soll, wie es uns beschrieben wurde, kann ich nicht erkennen.
Post by Matthias Kohrs
Ich kenne das Produkt nicht und habe keine Ahnung ob es
etwas taugt, aber deine Tests beweisen jedenfalls nicht das
Gegenteil.
Mich macht misstrauisch, dass vieles von dem, was uns erzählt und auch
geschrieben wurde, nicht mit meinen bisherigen Erfahrungen
übereinstimmt: von Geruch, Konsistenz, Härtungs- bzw.
Trocknungsverhalten und Lösbarkeit erinnert es mich mehr an Öle, Fette,
Paraffin oder ähnliches. Im Mauerwerk kann aber bspw. kein Lösemittel
entweichen, und es herrscht beständiges Fließen von Wasser mit darin
gelösten Stoffen. Deshalb wird Paraffin mit erheblichem Aufwand (u.a.
wochenlanges starkes Aufheizen des Mauerwerks, langwieriges Verpressen
mit Maschinen) ohne Lösemittel eingebracht und hält auch nur begrenzt.

Was mich also bewegt, ist die Frage, ob es sich wie beschrieben
überhaupt um einen Stoff -nämlich Kunstharz- handelt, der die zugesagten
Eigenschaften haben kann, oder es nicht schlicht billiges Wachs in
Terpentin o.ä, ist, denn irgendwie kommt mir das ganze nicht so recht
kosher vor.
Post by Matthias Kohrs
Ein Produkt das die Wände Luft-, Wasser und Dampfdicht macht
wie Gießharz würde mich jedenfalls eher mißtrauisch machen.
Man darf sich das nicht als Plastiktütenhaus vorstellen; vielmehr wird
es als eine horizontale Sperrschicht gegen aufsteigendes Wasser
vornehmlich in Kellerwänden eingesetzt. Kellerwände und -böden werden
eigentlich immer mit Bitumen, Kunststoffen, wasserundurchlässigem Beton
usw. gegen die Erdfeuchte und Oberflächenwasser abgedichtet. Bei älteren
Bauwerken, wo dieser Schutz dem Zahn der Zeit nachgegeben hat oder wo
Baufehler vorliegen, werden allerlei verschiedene Abdichtungsverfahren,
auch mit Mauerwerksinjektionen, eingesetzt. Allen gemein ist ein recht
hoher Aufwand und sich vielfach widersprechende Baufachleute. Das hier
vorgestellte Verfahren ist jedoch offenbar so gut wie nicht bekannt, mit
weniger Belastungen bei der Anwendung, doch mit fast doppelt so hohen
Kosten wie bspw. Verpressung von Paraffin. Dafür soll es -so verspricht
der Anbieter- "auf immer" halten, also so lange, wie die Mauer steht.
Bei anderen Verfahren geht man von einer Haltbarkeit zwischen 10 und 30
Jahren aus, was sich von der Ewigkeit deutlich unterscheidet. Die Frage
ist nun, ob ich aufgrund meiner Beobachtung dem so Glauben schenken kann
oder nicht.
--
Gruss
Alex
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